Das verzauberte Ritterfräulein auf der Burg Kollmütz
Am Rande eines großen Waldes unweit der uralten, nun längst verfallenen Ritterburg Kollmütz stand vor langer, langer Zeit eine ärmliche Hütte. In dieser wohnte eine Köhlerswitwe mit ihrem einzigen Kinde, einem etwa siebzehnjährigen Mädchen. Einmal ging ihnen das Feuer aus. Da schickte das Weib ihre Tochter auf die Burg um Feuer. Das Mädchen eilte aus der Hütte und dem Schlosse zu. Sie durchlief alle Räume, fand aber nirgends eine Menschenseele. Endlich kam sie in ein verrußtes Zimmer. In diesem saß eine wunderschöne Jungfrau, ganz schwarz gekleidet, in mitten eines großen Haufens glühender Kohlen. Das Mädchen trat herzu und bat ihr die Laterne anzuzünden. Da wollte ihr die Jungfrau einen Teil der glühenden Kohlen in die Schürze schütten. Das Mädchen wich aber erschreckt zurück und schrie: „Mein Gott, da verbrennt mir ja die Schürze!“ Mit einem Male war die schöne Jungfrau verschwunden. Einen Augenblick stand das Mädchen wie gebannt. Da hörte sie plötzlich bitterliches Weinen und Wehklagen, ohne erkennen zu können, woher diese Laute kämen. Von Grauen erfasst, eilte sie, so schnell sie konnte, nach Hause und erzählte der Mutter, was ihr begegnet. Diese sagte: „Die schwarzgekleidete Jungfrau war ein verzaubertes Ritterfräulein. Hättest du dir die Glut ´in die Schürze schütten lassen, so wäre sie zu lauter Gold geworden und das Fräulein wäre erlöst gewesen. Nun muss sie wieder hundert Jahre warten, bis ihr die Erlösung zuteil wird.“